Selbstfahrende Autos und der neue Luxus: 7 Fakten über Elektromobilität.

“Hättest du Lust, mit BMW auf eine kleine Pressereise nach Slowenien zu kommen?” Ohje, ich sehe den Shitstorm schon vor mir. Die sustainable living Bloggerin, die auf ein Event von BMW fährt, ui ui ui. Als mir die nette Dame am Telefon erklärt, was das Programm beinhaltet, nämlich eine Fair Fashion Designerin besuchen und Bienenstöcke in der Stadt anschauen, hallen mir die Worte von Nunu durch den Kopf: “Alles, was nichts mit der Wesentlichkeit, dem Kerngeschäft des Unternehmens zu tun hat, läuft in meinen Augen massivst Gefahr, Greenwashing zu sein.” Ich willige ein, mir es mal anzuschauen, denn ich weiß, dass BMW als Konzern bestimmt keinen Nachhaltigkeitspreis gewinnen würde, das Unternehmen jedoch Pionierarbeit im Bereich Elektromobilität leistet. Vorab mein Fazit vom Trip: ich war misstrauischer, als ich es hätte sein dürfen. Die 24 Stunden mit BMW in “Europeans Green Capital 2016” Ljublijana (eine meiner Lieblingsstädte!) war irrsinnig spannend, informativ und interessant. Meine Angst, das man mich mit Cupcakes und einem schönen Hotel einlullen würde, hat sich nicht bestätigt. Heute habe ich für euch 7 informative Facts von der kurzen Reise mitgebracht:

 

1. SELBTSFAHRENDE AUTOS BIS 2019

Bis 2019 will die EU-Kommission selbstfahrende Autos auf die Straße bringen (Stimme in meinem Kopf: “Ähm wie bitte, das ist ja quasi übermorgen?”). 2040 sollen 75% der Straßen mit selbsfahrenden Autos befüllt sein. Selbstfahrende Autos sind intelligent, weil sie untereinander vernetzt sind, sich gegenseitig vor brenzligen Situation, wie einem Stauende, warnen oder Zustände der Straßen durchgeben können. Laut Google könnten mit selbstfahrenden Autos 90% aller Verkehrsunfälle verhindert werden, sie fahren schneller und effizienter (wenn es um Kraftstoff geht) und ein kleines Goodie obendrauf: ein autonomes Auto lässt die Fahrerin/den Fahrer aussteigen und sucht dann selbst Parkplatz. Die negativen Seiten? Je bequemer die Technologie, desto bequemer der Mensch. Selbstfahrende Autos könnten Menschen also dazu verleiten, stärker automobil zu sein, was zu einem erhöhten Verkehsaufkommen aber auch weniger Bewegung führen könnte. Vielleicht müssten wir dann das Geld, das durch Verkehrsunfälle gespart wird, wieder in das Gesundheitswesen investieren? (kleine, sarkastische Anmerkung, ich mein das natürlich nicht ernst). Ein weiteres Problem ist meiner Meinung nach Datenschutz und was passiert, wenn Kriminelle es schaffen, diverse Softwares zu hacken. Ein kleiner Fehler in einer Software kann zu fatalen Unfällen führen. Und: wer haftet bei einem Unfall mit einem selbstfahrenden Auto?

Das Traum-Szenario: selbstfahrende Sharing-Elektroautos. Sprich: zero ownership, zero emissions, zero accidents. Einziges Problem aus meiner Sicht: was passiert mit den Millionen Menschen, die Taxis, Ubers, wie sie alle heißen, fahren? Lohnnebenkosten sind bei den meisten Unternehmen die größte Ausgabe, derer sie sich somit entledigen könnten. Aber: gibt es genug “Schockabsorber” in unserer Gesellschaft, die es diesen ausrangierten Menschen ermöglichen, eine andere Arbeit zu finden? Wird es 2030 keine fossil betriebenen Autos mehr geben, dafür TaxifahrerInnen, die Bio-BauerInnen werden?

In China ersetzte Foxconn (einer der weltweit größten Hersteller von Elektronik- und Computerteilen) 60.000 MitarbeiterInnen durch Roboter. Vor 20 Jahren entschloss sich Adidas die Produktion nach Asien zu verlagern, nun soll diese nach Deutschland rückverlagert werden. Werden damit neue Arbeitsplätze geschaffen? Kaum. Denn die Produktion in Deutschland sollen Roboter übernehmen. “Made in Germany by robots”.

Ein Modell, das funktionieren könnte, ist das bedingungslose Grundeinkommen. Wenn sehr viel Arbeit durch Roboter übernommen wird, wird es sehr viele Arbeitslose geben. Das bedingungslose Grundeinkommen könnte ein Weg sein, uns hier vor sozialen Katastrophen zu wahren. Zu dem Thema kann ich euch diesen Artikel besonders ans Herz legen.

 

2. NIEMAND WIRD MEHR RASENMÄHER BESITZEN

Sharing Economy. Wenn ihr das Wort nicht schon längst gehört habt, schreibt es euch auf. Wie wäre es, wenn niemand mehr einen Rasenmäher besitzen würde und via App einen Rasenmäher bestellt, der zugestellt und nach Verrichten des Dienstes wieder abgeholt wird. Weniger Elektroschrott, mehr Platz im eigenen Heim, mehr Geld für andere Dinge. Das ist Sharing Economy und ich find’s geil. Wenn zehn Menschen sich je ein Auto für 20.000€ kaufen, macht das in Summe 200.000€. Wenn zehn Menschen sich zusammen ein Auto kaufen, macht das eine Differenz von 180.000€, die in andere Dinge, wie zB. Bio-Essen, gemeinnützige Projekte oder weniger altruistische Dinge wie Urlaub oder Ramsch investiert werden kann. Der Übergang der Ownership Economy hin zur Sharing Economy kann man fast mit einer industriellen Revolution vergleichen.

 

3. DIE POST-OIL ECONOMY

Unser Zeitalter könnte man das Plastikzeitalter oder Zeitalter des Öl nennen. Was danach kommt? Die Post-Oil Economy. Bereits 2030 sollen in Deutschland, aber auch EU-weit, nur noch Elektroautos fahren bzw. nur noch emissionsfreie PKWs zugelassen werden. Alles in der Zukunft wird mit Energie verbunden sein, es ist DAS Thema unserer Zeit.

Drei interessante Zukunftsszenarien für die “Zeit nach dem Öl” findet ihr in diesem Artikel, diesen Beitrag vom Standard finde ich auch sehr aufschlussreich.

 

4. MOBILE MONEY, BABY!

M-Pesa nennt sich das Modell aus Kenia, das vielen Menschen in Armut bereits geholfen hat. In Kenia existieren nur 2700 Geldautomaten im ganzen Land, viele Menschen besitzen gar kein Bankkonto. 96% der Bevölkerung besitzt allerdings ein Handy. Mit M-Pesa können HandybesitzerInnen via App oder SMS Geld virtuell verschicken, sodass auch der Fischer am Land sein Geld innerhalb weniger Sekunden vom Kunden erhält. Ein- und auszahlen kann man bei 120.000 Agenten im Land, wie zum Beispiel Tankstellen, Mobilfunk-Shops oder Lebensmittelläden. Gerade für Frauen soll diese Art des mobilen Geldes geholfen haben, sozioökonomische Defizite auszugleichen und sich wirtschaftlich zu emanzipieren. Mehr dazu in diesem Artikel.

 

5. INTERNET FÜR ALLE 

“Bringing cheap, high-speed internet access to every inch of the Earth would change the world as we know it. And probably anger your internet company” sagt der Businessinsider. SpaceX heißt die Firma, die bis 2030 über 4000 (solarbetriebene) Satelliten im Orbit schweben lassen möchte, welche für Internetzugang auf jedem Fleckchen Erde sorgen sollen. Man wird hierfür nur einen kleinen Receiver brauchen, der zwischen 100 und 300 US-Dollar im Jahr kosten soll. SpaceX ist übrigens ein Raumfahrtkonzern, dessen Ziel ist, Raumfahrt und dessen Technologie günstiger zu machen. Google hat sich inzwischen mit einer Milliarde US-Dollar beteiligt.

Wer mehr über SpaceXs Projekte erfahren möchte, sollte bei Tim Urban vorbei schauen (einer der besten Blogs, die ich kenne).

 

6. DER NEUE LUXUS

Beim Besuch bei Kaaita, einem nachhaltigen Modelabel aus Slowenien, prägte sich ein Satz bei mir ein: “Der Luxus der Zukunft, wird nicht mehr eine teure Uhr oder ein Auto, sondern Zeit und Gesundheit sein.” Womit wir, unter anderem, wieder bei der Sharing Economy angelangt sind. Wer sich keinen eigenen Rasenmäher kauft, sondern teilt, hat mehr Geld für das übrig, was in Zukunft als Luxus gewertet wird: Zeit und Gesundheit. Eine Challenge, aber auch Möglichkeit, sieht Gründerin Alenka Repic in den “post consumer waste products”, also das, was vom Zeitalter des unbändigen Konsums (aka JETZT) übrig bleiben wird. Gerade auf kreativer und gestalterischer Ebene sieht sie hier viel Potenzial (Stichwort Upcycling).
7. WAS ZUM TEUFEL HAT DAS ALLES MIT ELEKTROAUTOS ZU TUN?

Viel! Elektromobilität, vor allem car sharing mit Elektroautos, ist der erste Schritt in diese neue Zukunft, die so viel umfasst: von Sharing Economy bis hin zu Robotern. Und gerade deswegen fand ich es gut, dass BMW uns nicht nur die Bienenstöcke auf dem Dach des 3-Sterne Öko-Hotels, in dem wir übernachtet haben, gezeigt haben, sondern auch den ausführlichen Visionen von Matej Čer (General Manager von AvantCar, dem slowenischen Carsharing) lauschen ließen. Fahren durfte ich den BMW i3 auch und was wirklich besonders ist, ist dass man nicht einfach herkömmliches Modell aus der Flotte mit einem Elektroantrieb ersetzt hat, man hat ein komplett neues Modell erschaffen, es also rein als Elektroauto konzipiert. Es sind die vielen, kleinen Details, die mich beeindruckt haben, wie die gegenläufig öffnenden Türen, aber auch, dass bereits in der Produktion recycelte Materialien eingesetzt werden. Der i3 wird im Werk in Leipzig gefertigt, welches mit Strom aus Windkraft betrieben wird. Das Argument Vieler gegen Automobilität lautet “aber Elektroautos sind emmissionsstark in der Produktion”. Der i3 hat einen 50% geringeren Energiebedarf und 70% geringeren Wasserverbrauch in der Produktion, als andere BMW Modelle. Die Carbonfasern, die das Fahrzeug so leicht und somit effizient machen, werden mit 100% erneuerbarer Energie hergestellt. Laut BMW selbst ist das Auto zu 95% recycelbar, ein Material was besonders eingesetzt wird, ist Kenaf, eine Naturfaser aus der Malvenpflanze. Das Besondere an dem Material ist, dass es irrsinnig leicht ist und während des Wachstums über überdurchschnittlich viel CO2 in Sauerstoff umwandelt.

Man muss dazu sagen: Elektromobilität steckt noch in den Kinderschuhen und solange Elektroauto-Hersteller diese nicht auch mit Ökostrom produzieren und recycelbare Materialien einsetzen (wie BMW es tut), fällt die Bilanz relativ mager aus. Solltet ihr euch ein Elektroauto anschaffen, würde ich also definitiv die Herstellung und eingesetzte Materialien/Rohstoffe unter die Lupe nehmen. Konkret sind auch kritische Metalle wie Kobalt oder Lithium gemeint.

Elektroautos werden in der EU übrigens stark gefördert, die Summen variieren von Land zu Land. Abgesehen davon, dass mit der NoVA 16% der Anschaffungskosten gespart werden und die Mineralölsteuer wegfällt, wird in Österreich wird die Neuanschaffung eines Elektrofahrzeuges mit bis zu 20.000€ gefördert (größere Summe gilt für LKWs, bei PKWs liegt die Förderung je nach Bundesland meist bei bis zu 5000€). Elektroautos sind außerdem Sachbezug-befreit und vorsteuerabzugsfähig.

Um ehrlich zu sein: ich persönlich bin überzeugt von diesem Wagen und privat wird es für mich nur eine Frage der Zeit sein, bis ich selbst auf Elektromobilität umsteige. Unser Benzinauto haben wir bereits vor 2 Jahren verkauft, jetzt heißt es bloß: mieten, leasen, kaufen oder doch sharen?

Disclaimer: ich wurde von BMW auf diese Reise eingeladen, mir wurde das Hotel und ein Mietwagen zur Anreise bezahlt. Es erfolgte keine weitere Bezahlung in Form eines Honorars oder sonstige Vergütung. 

 

Photos by Maximilian Salzer