DAS ENDE VON DARIADARIA?

dariadariaGestern bin ich über diesen Artikel von Mirjam gestolpert. Mirjam schrieb den Modeblog “chic und schlau” und entschloss sich kurzfristig diesen zu löschen. Über 5 Jahre schrieb sie den Blog und entschloss sich diesen vom einen auf den anderen Tag zu löschen. Weil sie realisieren musste dass sie Teil einer Welt ist, die sie verabscheut. Eine Welt voller Selbstverliebtheit, Eigenlob, Gepose und Schickimicki.

Im allerersten Post auf Dariadaria ging es um eine Demonstration. Ich studierte zu dem Zeitpunkt noch Politikwissenschaft und Kultur- und Sozialanthropologie, arbeitete ehrenamtlich für eine Obdachlosenorganisation und meine große Leidenschaft war das Reisen. Wer sich ein bisschen weiter durch die ersten Posts klickt wird schnell merken, dass es sich hier kaum um Mode drehte. Es ging in meinen ersten Beiträgen um Bücher, Wiener Märkte, semi-artistische Selbstportraits und Dinge die mich inspirierten.

Ein paar Jahre später, im Herbst 2012, wurde ich dann auf mein erstes Bloggerevent eingeladen. Mir wurde mein Flug, die Unterkunft bezahlt und ich ging mit jeder Menge Goodies Heim. Welchem 23-jährigen Mädchen würde das nicht gefallen? Bloggen war mein Hobby und zum ersten mal wurde mein Hobby anerkannt – von Menschen die in PR Agenturen und Unternehmen sitzen. Von LeserInnen aus verschiedensten Ländern. Jeder Mensch genießt Anerkennung, oder?

Nach meinem ersten “breakthrough” 2012 folgten mehr und mehr Einladungen, mehr und mehr Goodies, irgendwie passierte so viel auf einmal und so richtig realisieren was aus meinem Hobby wurde konnte ich nicht. Ich wusste nur dass es sich gut anfühlte.

Es fühlte sich noch besser an als ich 2013 Bloggen zu meinem Beruf machen konnte. Denn Abseits von Anerkennung fühlt sich Selbstverwirklichung auch richtig gut an. Was gibt es schöneres als sein Hobby zum Beruf machen? Es ist ein wunderschöner Beruf, der mir erlaubt zeitlich und örtlich flexibel zu sein, Projekte an- oder abzulehnen und mich unheimlich viel Tolles erleben lässt. Ich verdiene halbwegs gut, manchmal besser und manchmal schlechter, ich kann mir die Dinge leisten die ich möchte und auch wenn es für Außenstehende nicht danach aussieht: es ist wirklich viel Arbeit.

Ob ich mit Mirjam d’accord gehe? Jein. Ich identifiziere mich mit ihr wenn sie sagt dass sie sich anders fühlt als die meisten Modebloggerinnen. Denn das tue ich auch. Ich bin ein sehr ideologischer Mensch mit starken Wertvorstellungen und einem Standpunkt, der meist sehr extrem ist. Ich habe im Freundeskreis nur Menschen die nichts mit Bloggen am Hut haben, die erfrischend natürlich sind und diese ganze Bloggerwelt auch gar nicht verstehen. Wenn ich auf Bloggerevents bin kann ich mich mit der Situation und den Menschen nicht identifizieren und habe mir schon ganz oft gedacht “die Situation ist mir so unangenehm, ich muss hier weg”. Wenn ich Instagram durchscrolle greife ich mir ganz oft auf den Kopf und frage mich wie eine Person, die so andere Werte wie ich vertritt, die selbe Jobbezeichnung tragen kann. Und mir ist genauso bewusst, dass ich oft als eine “dieser Modebloggerinnen” wahrgenommen werde, auch wenn ich mich mit den wenigsten identifizieren kann.

Und hier kommt der springende Punkt wo ich Mirjam nicht zustimme: das eine schließt das andere nicht aus. Ich kann als Modebloggerin positive Inhalte verbreiten. Genauso wie es Menschen gibt die wirtschaftlich motiviert Medizin studieren, gibt es Ärzte die es nicht aus Geldgier sondern aus Liebe zu Mitmenschen werden. Es gibt schlechte und gute Lehrer, es gibt schrecklich oberflächliche und wunderbar am Boden gebliebene Promis. Bei NGO’s arbeiten sowohl selbstlose, tolle Menschen als auch Menschen mit riesen Egos und absurden Ansichten. Auch wenn ich mich oft schäme in eine Schublade mit Frauen geworfen zu werden, die Pelzjacken tragen, jede x-beliebige Kooperation eingehen, ihr Konsumverhalten kaum in Frage stellen, sich von Kopf bis Fuß sponsoren lassen und nach außen immer eine schöne, gefakte Welt zeigen bedeutet das nicht dass ich zwangsläufig auch so bin.

Ich weiß auch dass Modebloggen nicht nur nach wenig Arbeit aussieht, sondern auch nach sehr viel Arschkriecherei. Und es stimmt, in diesem Beruf passiert sehr viel Arschkriecherei. Stellt man sich mit PR Agentur XY gut profitieren beide Parteien, verhandelt man gut zieht man einen hoch dotierten Auftrag an Land, befreundet man sich mit größeren Bloggern wird man vielleicht selbst größer. Das alles ist aber Kommunikationsarbeit und betrifft nicht nur Blogger sondern die gesamte Medien und PR Welt. Es sind aber nicht nur Blogger an diesem Zirkus beteiligt sondern auch Journalisten, Personen der Öffentlichkeit, Menschen in Medienhäusern, beim Fernsehen und in Agenturen. Sind deswegen alle Modeblogger scheinheilige, goodie bag liebende Püppchen? Nein.

Ich kann als Modebloggerin eine Message abseits von Outfitposts und Nagellack transportieren. Ich kann neben banalen Outfitposts und werblichen Inhalten meine Liebe zu Tieren und nachhaltiger Mode mit euch teilen oder meine Entscheidung vegan zu leben. Ich bin in der glücklichen Situation vom Bloggen leben zu können und die bezahlten Kooperationen ermöglichen mir wiederum kleinere Unternehmen oder NGO’s kostenlos zu unterstützen. Ich würde nie auf die Idee kommen eine Stimme zu ersticken, die ich mir jahrelang aufgebaut habe. Es wäre schade, wenn ich meine Stimme für gar nichts nutze, bloß weil ich das Label “Modebloggerin” trage. Denn abseits der artifiziellen, selbstdarstellenden Bloggern gibt es wunderbare Modeblogger mit wunderbaren Inhalten. JuYogi bloggt über Yoga und Yoga Wear, HeyLilaHey über Nachhaltigkeit in Mode, Daniela über vegane Kosmetik, Andrea Morgenstern macht Videos über gesunde Ernährung ohne auf dem Diät Trip zu sein, This Is Jane Wayne verkörpert alles andere als das Modebloggerklischee, die Amazed Mag Mädels sind alles andere als Tussis – um nur ein paar zu nennen.

Mirjam ist nicht nur eine witzige sondern auch mutige Frau, denn einen erfolgreichen Modeblog einfach so zu löschen ist ein wirklich charakterstarker Zug und so extrem ich in meinen Entscheidungen bin wäre es ein Schritt den ich nie wagen würde. Ich wünsche mir nichts desto trotz, dass die BloggerInnen der Zukunft trotzdem trauen sich Modebloggerinnen zu nennen und sich, welche Message auch immer sie transportieren, nicht von den 0815 Modebloggerinnen beeinflussen lassen. Sich nicht von der wunderbar glamourösen Welt locken lassen, eine zweite Chiara Ferragni werden wollen und einen Schrank voller Designerhandtaschen als Lebensziel setzen. Ja, viele Modebloggerinnen sind gleich, posten dieselben Inhalte, sehen irgendwie gleich aus, ziehen sich irgendwie gleich an und so richtig natürlich wirken sie auch nicht. Das heißt noch lange nicht, dass diese Stereotype, die trotz allem natürlich Existenzberechtigung hat, den Markt bestimmen darf. Denn alle Menschen die am Medienzirkus beteiligt sind haben die Chance an ihrem kritischen Standpunkt festzuhalten statt zu kapitulieren. Denn Kapitulation würde freien Weg für alle bedeuten, die das Dasein der Modebloggerin in das traurige Dilemma gebracht haben in dem es momentan ist.

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