BPW 2016: DARIADARIA MEETS IRMGARD GRISS

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So, für alle die bis jetzt geschlafen haben: am Sonntag wird gewählt. Uns zwar wählen wir eine/n neue/n BundespräsidentIn. Im Rahmen dieser Bundespräsidentschaftswahl 2016, durfte ich die unabhängige Kandidatin Irmgard Griss kurz zum Interview bitten.

DD: Frau Griss, danke für das Gespräch. Fangen wir mit einem word rap an. Ich schlage ihnen zwei Begriffe vor, Sie geben mir eine intuitive Antwort.

Schnitzel oder Gemüselaibchen? Gemüselaibchen.
Fahrrad oder Auto? Fahrrad.
Hund oder Katze? Hund.
E-Mail oder Brief? Leider E-Mail.
Stadt oder Berge? Berge.
SMS oder Anruf? Anruf.
Früh oder spät aufstehen? Früh.
Rock oder Hose? Hose.
Conchita oder Gabalier? Eher Conchita.

DD: Nun zu ernsteren Fragen. Sie sind 43 Jahre älter als ich, wie glauben Sie, dass eine so bedeutend ältere Person, die Interessen einer so jungen Person vertreten kann?

IG: “Für mich hatte dieser Einstieg in die Politik nur einen Sinn, wenn ich was dazu beitragen kann, das wichtige Probleme angegangen werden. Darauf hinweisen, dass die Zukunft bedeutet, dass wir  uns der Probleme jetzt annehmen müssen. Wie geht das weiter mit den Pensionen, mit dem Geusndheitssystem? Das betrifft vor allem die kommende Generation und gerade weil ich Kinder und Enkelkinder habe, ist mir das wichtig.”

DD: Wo sehen Sie die Frau im Jahr 2016? Was hat sich verändert seit Sie in meinem Alter waren? Glauben Sie dass Frauen heute zu 100% gleichberechtigt sind?

IG: “Nein, das glaube ich nicht! Aber ich glaube schon, dass der Großteil der Frauen selbstbewusster geworden ist. Natürlich nicht alle Frauen, aber in vielen Bereichen haben Frauen inzwischen die gleichen Möglichkeiten. Leider gibt es nach wie vor Bereiche, in denen Frauen diese Gleichberechtigung nicht leben können. Ganz besonders stört es mich, dass bei gleicher Leistung unterschiedlich gezahlt wird.”

DD: Apropos Gleichberechtigung, wie stehen Sie zur gleichgeschlechtlichen Ehe?

IG: “Da bin ich absolut dafür. Auch rein rechtlich ist ja sowieso kaum ein Unterschied zur eingetragenen Partnerschaft, insofern stehe ich auch für die Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren.”

DD: Ich bin seit einigen Jahren selbstständig, das Wenigste von dem was ich gelernt habe, habe ich in der Schule gelernt. Wie glauben Sie, dass das Bildungssystem der Zukunft aussieht und wie glauben Sie, dass man potenzielle JungunternehmerInnen wie mich schon möglichst früh fördern kann?

IG: “Ich glaube, dass es in der Schule sehr stark drauf ankommt, dass man das Interesse eines jungen Menschen nicht im Keim erstickt, dass sie interessiert bleiben und man ihnen das Werkzeug mitgibt, wie sie sich informieren können. Es ist wichtig einem jungen Menschen das richtige Selbstbewusstsein mitzugeben, dass sie ihre Stärken entsprechend entfalten können. Man muss jungen Menschen klar machen, dass Wissen selbst erworben werden kann und es in ihrer Macht liegt, etwas damit zu tun. Ich selbst habe in Graz studiert, dann in Amerika. Dort an der Uni war alles ganz anders: statt Frontalunterricht hat man mit den Professoren den Stoff gemeinsam durchbesprochen, das hat die StudentInnen zum Mitdenken angespornt.”

DD: Mein Beruf spielt sich ja hauptsächlich im Internet ab. Was mir auffällt, ist dass das Internet immer mehr zum rechtsfreien Raum wird, wo rechtsorientierte oder extremistische Gruppierungen mehr oder weniger Narrenfreiheit haben. Glauben Sie, dass es eine Verfassung für das Internet geben muss? 

IG: “Ganz am Anfang des Internets hat man ja gemeint es sollte ein rechtsfreier Raum sein, das war die Idee dahinter. Inzwischen weiß man, dass das so nicht funktioniert und dass es Regeln braucht. Ob man das Ganze jetzt Verfassung nennt, ist natürlich Geschmackssache, Fakt ist aber, dass es eine Regulierung braucht.”

DD: In ganz vielen Interviews, die ich vor unserem Treffen gelesen habe, habe ich festgestellt, dass Sie partout nicht als Politikerin bezeichnet werden wollen. Das hat mich etwas irritiert, immerhin ist Politik die Durchsetzung oder Forderung öffentlicher Interessen. Wieso wollen Sie dann nicht als Politikerin bezeichnet werden? Kann man nicht auch eine überparteiliche Politikerin sein?

IG: “Natürlich kann es das und ich glaube das ist eine Zuschreibung, die eher von Außen kommt. Das kommt auch oft gemeinsam mit dem Unterton, dass ich keine politische Erfahrung hätte. Ich denke abseits der von Ihnen genannten Punkte gehört zur Politik auch der Wille zu Gestalten und die Fähigkeit zu Kommunizieren. Das was ich anstrebe ist also natürlich de facto Politik.”

DD: In vielen Gesprächen haben Sie auch sehr wischi-waschi gewirkt. Man hat das Gefühl, dass Sie oft keine konkrete Meinung haben. Das hat mich als potenzielle Wählerin abgeschreckt, denn dass man etwas diplomatisch ausdrückt, ist für mich eine selbstverständliche Grundvoraussetzung, die eine Politikerin mitbringen sollte. Was ich aber, gerade in Zeiten wie diesen, vermisse ist eine klare Linie und Meinung zu diversen Themen. Sind das die Medien die Sie so darstellen, ist das ungerechtfertigt oder wieso habe ich diesen Eindruck?

IG: “Es ist das Gegenteil der Fall. Es gibt aber einfach viele Themen, die nicht nur schwarz oder weiß sind, da muss man differenzieren können. Ich bin auch aufgrund meines Background als Juristin gewohnt zu differenzieren. Eine Frage, auf die Sie sich jetzt vielleicht berufen, ist die Frage ‘Würden Sie Strache angeloben?’. Der Bundespräsident ernennt zwar den Bundeskanzler, aber der Bundeskanzler braucht das Vertrauen des Parlaments und da hängt es davon ab, wer das Vertrauen des Parlaments hat. Das ist ja nicht meine alleinige Entscheidung! Es gibt keine Patentlösungen, leider. Ein Politiker, der vorgibt eine Lösung zu haben, die aus einer Antwort besteht, der kann nicht Recht haben. Ich verstehe die Sehnsucht nach einfachen Antworten und die kann man natürlich auch geben, aber leider hat das mit der Wirklichkeit nichts zu tun.

DD: Was bedeutet Europa für Sie? Was ist die Rolle Österreichs in Europa, wo sehen Sie Österreich in 10 Jahren?

IG: “Ich bin begeisterte Europäerin, ich finde, das ist die größte Errungenschaft meines Lebens, dass es die Europäische Union gibt. Ein Staat wie Österreich müsste sich noch stärker und konstruktiver einbringen. Wir müssen auch probieren die anderen Staaten für unsere Anliegen und Themen zu gewinnen. Ich bin zuversichtlich, dass die EU diese Krise bewältigen wird und hoffe auch, dass die EU in 10 Jahren noch das Schengenabkommen haben wird. Ich glaube auch, dass es ein vernünftiges System geben wird, mit dem man mit Migrationsströmen umgeht, dass die Möglichkeit besteht den Menschen vor Ort zu helfen und dass es ein einheitliches Asylverfahren und -standards gibt. Ich hoffe und glaube natürlich auch, dass die tollen Errungenschaften, die wir haben, nach wie vor bestehen. Die Tatsache, dass wir überall hinfahren, überall arbeiten, mit Erasmus im europäischen Ausland studieren können.

DD: Was mir bisschen fehlt im Wahlkampf, auch weil nur mit der Flüchtlingsthematik popularisiert wird, ist der Weltklimaschutzvertrag. Sehr viele PolitikerInnen haben das nicht zu ihrem Thema im Wahlkampf gemacht und das fehlt mir sehr. Wir wissen dass es 2050 keine Fische mehr in den Ozeanen geben soll, die Ressourcen erschöpft sein werden. Was kann man da konkret ihrer Meinung nach tun um Menschen die Tragweite und Signifikanz der Situation klar zu machen?

IG: “Das ist ganz, ganz schwierig. Wenn man es zu drastisch vor Augen führt, blocken die Menschen ab. Man muss in erster Linie in der Bildung und in der Erziehung ansetzen, aber auch über die Medien das Thema prominent genug transportieren. So kann man die Menschen schrittweise dazu bringen, etwas zu ändern. Darum geht es ja: dass jeder kleine Änderungen in seinem Leben vornimmt, um im Großen was zu verändern. Das ist natürlich ein schwieriger und langwieriger Prozess. Ich denke auch, dass es sehr verantwortungslos ist, so ein wichtiges Thema immer so wegzuschieben. Sie haben ja bereits die Überfischung der Meere angesprochen: wenn man bedenkt, dass sogar schon zig kleine Fische gefangen werden und was das für eine Auswirkung auf das Ökosystem im Meer hat. Das ist ein Irrsinn! Ein Staat wie Österreich sollte, nachdem wir ja auch alternative Energien ausbauen, mit gutem Beispiel voran gehen.”

DD: Ich frage mich nur, wieso ich das alles in der Schule nicht gelernt habe. Ich habe nicht gelernt, wieso ein T-Shirt bei H&M nur 5€ kostet, woher das Fleisch am Teller kommt und was für Auswirkungen Plastik hat.

IG: “Ich sehe das genau so. Ich finde es gehört ein Ethik-Unterricht in jede Schule, genau so wie man Kinder zu kritischem Denken anspornen sollte. Junge Menschen müssen schon lernen, was die moralischen Standards für unser Zusammenleben sind. Sie müssen lernen, warum es nicht gut ist, wenn jemand in Bangladesch oder Pakistan in einer Gerberei giftige Dämpfe einatmet, Beine voller Eiterbeulen hat und zu wenig Geld für seine Arbeit bekommt. Wir alle müssen uns fragen: ‘Kann ich das verantworten?’. Es sind diese Themen für die wir sensibilisieren müssen, es ist wirklich notwendig.”

DD: Heinz Fischer wird ja sehr auf Facebook gehyped, ist sehr aktiv auf Social Media. Was halten Sie davon, würden Sie das auch so handhaben?

IG: “Das ist eine Frage des persönlichen Stils, jeder Mensch ist da anders. Ich hab da einen etwas anderen Zugang. Natürlich ist es notwendig, vor allem zur Kommunikation mit jungen Menschen, aber wie man das macht und wie stark man sich präsentiert, das ist persönlichkeitsabhängig. Unsere Facebook Seite für den Wahlkampf ist aber auch sehr gut besucht.”

 

Disclaimer: Das Team Irmgard Griss hat mir dieses Interview direkt angeboten. Es handelt sich hier um keine Partei- oder Personenwerbung, sondern um ein Interview, das ich aus Interesse angenommen habe. Ich habe auch probiert Interviews mit den anderen KandidatInnen (außer Richard Lugner und Norbert Hofer) zu bekommen, leider habe ich keine einzige Zusage bekommen.

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